Agatha Christies Giftpflanzen

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Die britische Krimiautorin Agatha Christie liebte Blumen über alles. Ihre Leidenschaft für den Garten spiegelt sich auch in ihren Geschichten wieder – mehr als die Hälfte ihrer Opfer musste den Gifttod sterben. Hier werden die unheilvoll hübschen Agatha Christies Giftpflanzen vorgestellt.

Greenway, Agatha Christie, England, www.anitaaufreisen.at
Greenway – Sommersitz von Agatha Christie

Wo Agatha Christies Giftpflanzen zuhause sind

Hercule Poirot blieb einen Augenblick vor dem großen schmiedeeisernen Tor stehen. Er blickte auf die gewundene Einfahrt. Goldbraune Blätter flatterten von den Bäumen herab. Die Rasenböschung nahebei war mit kleinen malvenfarbenen Alpenveilchen bedeckt. Poirot seufzte. Die Schönheit von Greenshore rührte ihn an.“

Genauso wie dem belgischen Privatdetektiv im Roman „Das Geheimnis von Greenshore Garden“ ergeht es Besuchern auf Greenway. Sie sind überwältigt vom 13 Hektar großen Anwesen, auf dem die erfolgreichste Krimiautorin aller Zeiten ihre Ferien verbrachte. Dieser Garten war für Agatha Christie ein magischer Ort. Sie liebte die Blumen und dekorierte damit jedes Zimmer. Mal saß sie zwischen den Kamelien in der Sonne, mal unter zweihundert Jahre alten Eichen im Schatten.

Fotowalk durch den Garten von Agatha Christie in Greenway:

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Schaurig schöne Blumen von Agatha Christie

Die Pflanzen und deren Wirkung beschrieb sie in den Romanen sehr detailliert. Das faszinierte Ali Marshall. Als Agatha-Christie-Fan durchforstete sie alle Bücher nach botanischen Hinweisen. „In mehr als der Hälfte ihrer Krimis starben die Opfer an Gift“, erzählt Ali Marshall. Das brachte die Engländerin auf die Idee einen eigenen Agatha-Christie-Garten in Torquay, dem Geburtsort der berühmten Schriftstellerin, anzulegen.

Als ich den Giftpflanzen-Garten vorstellte, wurden sofort alle bleich“, lacht Ali. Und das vollkommen ohne Gift.

Chefgärtnerin Ali Marshall, Torre Abbey, Torquay, England, www.anitaaufreisen.at
Chefgärtnerin Ali Marshall, Torre Abbey, Torquay, hatte die Idee zum Giftgarten

Letztendlich konnte sie die Stadtväter doch von ihrem Projekt überzeugen, wenn auch mit ein paar Auflagen. Im Garten werden zwar die Giftpflanzen und ihre Verbindung zu Christies Romanen erklärt, aber keine Angaben über Herstellung oder Verwendung des Giftes gemacht. „Das müssen Sie selbst in den Krimis nachlesen“, scherzt Ali und ergänzt: „Keine Sorge, ich habe noch niemanden vergiftet.“

Torre Abbey in Torquay, Agatha Christes Giftpflanzen, England, www.anitaaufreisen.at
Agatha Christies Giftpflanzen-Garten in Torre Abbey, Torquay

Inspiriert in der Apotheke 

Das Wissen über die Heil- und Giftpflanzen eignete sich Christie während des Krieges in einer Krankenhausapotheke an. In dieser Zeit entstand auch ihr erster Krimi. 88 Jahre später legte Ali ihr zu Ehren den Giftpflanzen-Garten in Torre Abbey, einem alten Kloster in der Stadt Torquay an. Schon als Kind spielte Ali zwischen den Ruinen. Sie wusste, das ist der perfekte Platz für den Garten. Die 48jährige sagt von sich selbst, dass sie als Gärtnerin geboren wurde. Dann jedoch Linguistik studierte. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder hat Ali sich selbst das Gärtnerhandwerk beigebracht. Heute kümmert sie sich hingebungsvoll um die Gartenanlage in Torre Abbey.

Torre Abbey, Torquay, Agatha Christies Giftpflanzen, England, www.anitaaufreisen.at
Agatha Christie Giftpflanzen im Garten von Torre Abbey

Agatha Christies Giftpflanzen im Garten

Bis zu 60 verschiedene Pflanzen mit literarischem Hintergrund sind hier zu sehen. In der Mitte des Gartens gibt es ein viereckiges Beet mit allen giftigen Pflanzen, die in Christies Büchern vorkommen. Das Faszinierende dabei: Exotisches sucht man vergebens. Alle 13 Pflanzen sind in heimischen Gärten zu finden – Eisenhut, Fingerhut, Eiben, Pfirsichbaum, Tabak, Rizinus, Mohn, Weide, schwarze Tollkirsche, Stechapfel, gelber Jasmin, Sauerklee und Hexenkraut.

In über zehn Büchern setzt Christie Blausäure als Gift ein. Dieses kommt zum Beispiel in Pfirsichkernen vor“, erklärt Ali beim Rundgang.

Die Romanfiguren bekommen es mit Sekt oder Essen verabreicht. Andere pflanzliche Gifte werden über die Haut aufgenommen oder inhaliert. Einige der Pflanzen werden nach wie vor in der Medizin eingesetzt. Der Grad zwischen Heilung und Tod ist eben manchmal schmal.

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Geheimnis der Autorin: Die Dosis macht das Gift

Ali klärt die Besucher über die Gefahren auf – wenn es sein muss, mit Schauergeschichten über Hobbygärtner, die sich versehentlich selbst vergiftet haben. Wer eine der Giftpflanzen in seinem Garten hat, braucht nicht in Panik zu verfallen. Die Konzentration vom Gift kann von Pflanze zu Pflanze verschieden sein und hängt auch vom Standort ab. Vorsicht ist aber allemal geboten: Pflanzenteile auf keinem Fall essen und bei der Gartenarbeit immer Handschuhe tragen!

 Fotowalk durch den Garten von Torre Abbey in Torquay:

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Agatha Christies Giftpflanzen aus den Krimis: 

  • Eisenhut (Aconitum). Der (blaue) Eisenhut ist ein Klassiker in vielen Gärten, obwohl er zu den giftigsten Pflanzen in Europa zählt. Die Giftstoffe sind in allen Pflanzenteilen zu finden. Vorsicht ist daher geboten! Bei Gartenarbeiten unbedingt Handschuhe tragen und den Kontakt mit Schleimhäuten vermeiden. Das Gift wird über die Haut aufgenommen. Film/Buch: Agatha Christie griff in „Fata Morgana“ und „16 Uhr 50 ab Paddington“ auf die Wirkung von Eisenhut zurück. Verspeist führt das Gift zu Atemstillstand und Herzversagen, ein paar Gramm sind tödlich.
  • Schwarze Tollkirsche (Belladonna). Seit jeher werden der schwarzen Tollkirsche Zauberkräfte zugeschrieben, weil sie eine halluzinogene Wirkung hat. Vor allem Kinder verwechseln die Früchte oft mit Kirschen, was schlimm enden kann – mit Fieber, Koma oder dem Tod. Alle Pflanzenteile sind giftig und sollten nur mit Handschuhen angegriffen werden. Film/Buch: In eine „Karibische Affaire“ werden die Halluzinationen auf eine Belladonna-Vergiftung zurückgeführt und in „Die großen Vier“ kommen sie als Augentropfen zum Einsatz.
  • Roter Fingerhut (Digitalis). Beliebt und wunderschön ist der rote Fingerhut im Garten, aber bereits der Verzehr von zwei Blättern verursacht eine tödliche Vergiftung. Alle Pflanzenteile sind extrem giftig. Daher sollten sich vor allem Gartenbesitzer mit Kindern, das Anpflanzen gut überlegen und die Kids über die Gefahr aufklären. Film/Buch: Aufpassen beim Lesen: Der rote Fingerhut kommt in „Rendezvous mit einer Leiche“, „Das krumme Haus“ und „Alter schützt vor Scharfsinn nicht“ vor.
  • Mohn (Papaver). Die Mohnpflanzen besitzen einen Milchsaft, der Alkaloide enthält, welche für die Herstellung von Opium und Morphin genutzt werden. Morphin wurde in der Medizin bereits 1805 zur Schmerzlinderung eingesetzt. Wer Pflanzenteile zu sich nimmt, muss mit Vergiftungserscheinungen rechnen. Film/Buch: Morphin verwendet Agatha Christie in ihren Büchern öfters, zum Beispiel in „Der Todeswirbel“, „Die Morde des Herrn ABC“, „Lauter reizende alte Damen“ oder „Die Kleptomanin“.
  • Tabakpflanze (Nicotiana). In den Wurzeln der Pflanze wird das Nikotin gebildet und in den Blättern zum Schutz vor Insekten eingelagert. Die Aufnahme vom Gift erfolgt über Haut, Lunge und Schleimhäute. Deshalb tritt bei Plantagenarbeitern oft eine chronische Vergiftung auf. Alle Pflanzenteile sind giftig und können zu Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen oder Atemlähmung führen. Film/Buch: Agatha Christie lässt Miss Marple in „Das Geheimnis der Goldmine“ über Nikotin stolpern, Hercule Poirot hat damit in „Nikotin“ zu tun.
  • Bilsenkraut (Hyoscyamus). Einige Arten sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern werden auch in der Medizin eingesetzt. Besonders giftig sind die Wurzeln und Samen des schwarzen Hexenkrautes. Bei Kindern kann bereits eine kleine Dosis tödlich wirken. Daher im Familiengarten lieber auf das Auspflanzen verzichten. Film/Buch: Miss Marple wird in „Das Geheimnis der Goldmine“ mit der Wirkung des giftigen Hexenkrautes konfrontiert, das auch unter dem Namen Atropin bekannt ist.

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Auf den Spuren von Agatha Christies Giftpflanzen in Großbritannien: Info & Tipps rund um die Autorin mit grünem Daumen
  • Privater Familiengarten von Agatha Christie. Greenway war das Feriendomizil von Agatha und ihrem zweiten Mann Max. Hier widmete sie sich ihrer Familie und dem Garten. Das riesige Anwesen ist seit dem Jahr 2000 von März bis Dezember öffentlich zugänglich. www.nationaltrust.org.uk/greenway, www.englishriviera.co.uk
  • Giftpflanzen-Garten in Torquay. Chefgärtnerin Ali Marshall führt gegen Voranmeldung durch den Giftpflanzen-Garten von Torre Abbey. In Torquay selbst können Fans auf Agathas Spuren wandeln und die Lieblingsplätze der Krimiautorin besuchen. www.torre-abby.org.uk
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Torre Abbey in Torquay
Noch mehr Eindrücke von meiner Reise gibt es hier:

Torquay ist bereit für das große Agatha-Christie-Festival

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Fotos: Anita Arneitz. Die Recherchereise rund um Agatha Christies Giftpflanzen wurde unterstützt von Visit Britain. Der Beitrag erschien in ähnlicher Form erstmals im Magazin Naturlust.

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