Wenn Bäume Geschichten erzählen: Besuch im Erwin Moser Museum

Über 100 Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlichte Erwin Moser, in denen die Natur die Hauptrolle spielt. Ein fantastischer Museumsbesuch.

Kunstwerke zum Träumen und Staunen von Erwin Moser

Wer träumte als Kind nicht davon, hoch hinauf in die Wipfel der Bäume zu klettern, unbemerkt in den Garten des Nachbarn zu schauen und es sich danach in den Ästen gemütlich zu machen?

So ein Baumhaus ist schon etwas Besonderes. Nicht nur für Kinder. Auch Erwachsene lädt es zum Träumen ein. Der österreichische Kinderbuchautor und –illustrator Erwin Moser war davon genauso fasziniert. In zahlreichen seiner Geschichten und auf vielen Bildern sind Baumhäuser zu sehen.

Detailgetreu hat er Wurzeln, Stamm und Blätter nachgezeichnet – und so die Natur in seine wunderbaren Welten geholten. Kein Pflänzchen gleicht dem anderen. Jede Illustration gleicht einem Wimmelbild voll mit liebevollen Kleinigkeiten, die immer wieder zum Hinsehen einladen.

Die Anfänge

Mitten in Gols, in den alten Gemäuern des restaurierten Weinkulturhauses, ist seinem Lebenswerk ein Museum gewidmet. Im oberen Raum erhalten Besucher einen Einblick in seine Stillleben und burgenländischen Landschaften. So wird nachvollziehbar, wie er zu seinem ganz eigenen Stil gefunden hat und Elemente aus seiner Heimat mit den Geschichten verband. Vor allem das Burgenland mit den Landschaften rund um den Neusiedlersee ist häufig zu sehen.

Die Inspirationen

In den anderen Schauräumen werden seine farbenfrohen Illustrationen gezeigt. Das Baumhaus im Moor, das Weihnachtsbaumhaus, das Baumhaus des faulen Kater Fridolin, das Baum-Turm-Haus oder das Weidenbaumhaus. In den Ästen tummeln sich die Füchse, während die Eule gemütlich ein Buch liest oder die Mäuse aus dem Fenster schauen.

Genauso wie die Pflanzen sind auch die Tiere charakteristisch gemalt, aber mit durchaus menschlichen Eigenschaften versehen. Damit kann sich Groß und Klein identifizieren – angefangen vom Dachs, der beim Kerzenschein Liebesgedichte schreibt bis hin zum einsamen Frosch oder dem kleinen Elefanten Winzig.

Es sind fröhliche Geschichten, die Mut machen. Sie zeigen die Schönheit und Vielfalt der Pflanzen, aber auch die Einzigartigkeit der Tierwelt, festgehalten für die Ewigkeit auf Papier.

Die Technik

Das Schreiben und zeichnen war für ihn eine Forschungsreise, die durchaus auch mit der Eroberung der Welt zu tun hatte. Den am Beginn jeder seiner Geschichte stand immer ein Bild – von einem Ort, einer Landschaft oder einem Gegenstand. Dann kam ein weiteres hinzu und noch eines. Schnell fügte sich alles zu einem harmonischen Ganzen zusammen.

Die Kinderbuchillustrationen sind alle mit Feder und schwarzer Tusche gezeichnet, und danach mit Aquarellfarben koloriert. Manchmal gab er den Bildern zum Schluss noch einen Hauch von Gelb oder Blau, das gab ihnen nochmals etwas mehr Atmosphäre. Er wusste, wie die Betrachter tief in das Bild hinein gezogen werden. „Ein Bild zu betrachten, bedeutet in das Bild hineinzusteigen“, sagte Erwin Moser. Schon als Kind war er fasziniert von solchen Bildern und studierte sie eingehend. Alles Gedruckte und Gemalte zog ihn regelrecht an, völlig egal, was es war.

Je mehr er ansah, desto größer wurde der eigene Drang zu zeichnen. Die Ideen gingen ihm nie aus. Er konnte regelrecht in einem Bild spazieren gehen und vergaß dabei komplett die Umgebung oder die Zeit. „Was für ein Genuss“, sagte er darüber. „Erwachsene können das auch. Aber ich glaube, Kinder können das am besten“, erzählte Erwin Moser. Deshalb waren Kinder für den Künstler ein wildes, freies und wunderbares Publikum.

Die Erfolge

Über drei Jahrzehnte hinweg schrieb und illustrierte Erwin Moser mehr als 100 Kinder- und Jugendbücher. Darunter waren Romane, Fabelbücher, Bilderbücher, Kalender, Gute-Nacht-Geschichten und vieles mehr. Seine Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt und unter anderem mit dem Literaturpreis der Stadt Hameln, den japanischen Owl Price oder den Würdigungspreis für Kinder und Jugendliteratur der Republik Österreich ausgezeichnet.

Sein erster Roman „Jenseits der großen Sümpfe“ erschien 1980. Darin schreibt er autobiografisch über einen Sommer in den 1960er Jahren im Burgenland. Erwin Moser war in Wien geboren, wuchs jedoch in Gols auf, wo seine Eltern Weinbauern waren. Später machte er eine Lehre als Schriftsetzer.

Die Zitate

„Kinder sind ein wildes, freies, und wunderbares Publikum.“ Erwin Moser

„Schreiben und zeichnen ist wie eine Forschungsreise, die mit der Eroberung der Welt zu tun hat.“ Erwin Moser

„Gezeichnet habe ich schon immer gerne.“ Erwin Moser

„Ein Bild zu betrachten, bedeutet in das Bild hineinzusteigen.“ Erwin Moser

Der Lebenstraum

Geschichten schreiben und zeichnen, das war schon immer das, was er machen wollte. In der Schule wurde er gerügt, weil er während des Mathematikunterrichtes Indianer zeichnete. Davon könne man nicht leben, wurde ihm gesagt. Doch er hielt an seinem Traum fest, arbeitete viel und hart. Die Akteure seiner Bilder und Geschichten sind tierische Gefährten wie Mäuserich Manuel, Didi-Feldmaus.

Gemeinsam erkunden sie die Umgebung und bestehen waghalsige Abenteuer über und unter der Erde. Nicht nur in den vielen Baumhäusern, die er zeichnete und, die in einer Sonderausstellung in seinem Museum zu bestaunen sind. Auch in den anderen Illustrationen werden sie zu Persönlichkeiten, die einem selbst neugierig machen, hinaus in die Natur zu gehen und etwas Neues zu wagen, selbst wenn es in einem unbekannten Terrain ist.

Das Vermächtnis

2002 erkrankt Erwin Moser an einer schweren Nervenkrankheit, die ihm das Arbeiten unmöglich macht. Aber er findet eine eigene Form, um mit seiner Frau Ruth zu kommunizieren und 2010 werden in Zusammenarbeit mit ihr sowie den Verlagen seine Bücher neu aufgelegt.

Zum 60. Geburtstag wird in seinem Heimatort Gols ein Museum über ihn und seine Werke eröffnet. 2017 verstirbt Erwin Moser in Wien. Doch seine Werke werden noch lange Kinderaugen zum Leuchten und Erwachsene zum Staunen bringen. Und zählen inzwischen zu den Klassikern der Kinderliteratur.

Der Künstler

Erwin Moser wurde 1954 in Wien geboren und wuchs im Burgenland auf. Das hatte wesentlichen Einfluss auf seine Werke. Er schrieb über 100 Bücher, die in 20 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet wurden. 2017 verstarb der Künstler nach schwerer Krankheit in Wien.

Das Erwin Moser Museum

Das Erwin Moser Museum wurde 2014 zu seinem 60. Geburtstag im Weinkulturhaus Gols eröffnet. In drei Schauräumen werden über 65 Bilder und auch viele seiner übersetzten Bücher gezeigt. April-Oktober Mo-So 10-19 Uhr, November-Dezember Mo-So 10-17 Uhr, Jänner-März 10-17 Uhr, Di geschlossen, Eintritt frei. www.erwinmoser.at.

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Der Artikel erschien zuerst im Magazin Naturlust. Das Museum besuchte ich während einer Bloggerreise. Diese erfolgte auf Einladung von Neusiedler See Tourismus. Fotos: © Ruth Moser, Wien und Anita Arneitz