Barfuß auf Wolle-Wolken laufen: Comeback der bunten Patschen

Lesezeit: 4 Minuten

Die Zeit der kalten Füße ist da. Zehen quetschen sich in enge Stiefel und müssen sogar zu Hause auf Frischluftabenteuer verzichten. Der Winter ist nicht nur Barfuß-Liebhabern ein Gräuel. Auch Dagmar Kandutsch aus Kärnten hat genug davon. Sie greift auf alte Techniken zurück und filzt warme Fußhüllen aus Mölltaler Rohwolle.  Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.at

Ein Besuch bei der Potschntante

In der Klagenfurter Altstadt baumeln seit zwei Jahren farbenfrohe Patschen und Schlapfen in der Luft. Sie weisen den Weg zur Potschntante Dagmar Kandutsch, die ihren Job im Management an den Nagel hing, um Naturmaterialien wieder zurück in das Leben der Menschen zu bringen. Kalte Füße hat sie dabei keine mehr. Zum einen wärmt die Wolle aus den Kärntner Bergen von unten, zum anderen steigt das Bewusstsein für regionale Produkte. Ihre Geschäftsidee ging auf. Doch wie kommt eine gelernte Krankenschwester darauf, auf Patschen umzusatteln? Eine Frage, die Dagmar Interessierten gerne in ihrer kleinen Werkstatt beantwortet, während sie mit viel Liebe zum Detail an den weißen Babyschühchen herum schnippelt und ihnen damit den letzten Schliff verleiht.

Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.atRuf des Herzens

Ein halbes Jahr hat Dagmar ihrem Herz nachgegeben und an der Idee mit den maßgeschneiderten Woll-Patschen getüftelt. Das Filzen lernte sie autodidaktisch. „Ich wollte aus der Tradition heraus etwas Modernes machen und die Natur an den Körper bringen.“ Der Plan war, zwei Patschen am Tag zu verkaufen und zwei Neue zu fertigen. Doch der verregnete Sommer machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Es kamen viele Touristen zum Einkaufen in die Stadt und nach dem ersten Monat hatte sie keine Ware mehr. „Ich bin nicht mehr zur Produktion gekommen.“ Als Einzelunternehmerin macht sie alles selbst. Made in China gibt es bei ihr nicht. Die Wolle wird direkt von einer Bäuerin aus dem Mölltal geliefert, die diese auch selbst mit der Hand wäscht und färbt. Dadurch bleibt das Lanolin erhalten und die Wolle schön kuschelig. „Für die Qualität der Wolle spielt die Ernährung und die Haltung der Schafe, ob im Stall oder auf der Alm, eine entscheidende Rolle“, erklärt die Handwerkerin, die gerne mit anderen zusammenarbeitet und sich eine kreative Partnerin fürs Geschäft wünscht.

Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.at

Wolle als neuer Wirtschaftszweig

In dem Rohstoff Wolle sieht die Potschntante ein großes Potenzial für die österreichische Wirtschaft. Ihre Vision wäre ein Wollbetrieb mit eigener Wollwaschanlage und Shop, wo Wollverarbeiter gemeinsam ihre Produkte verkaufen und vermarkten könnten. Doch es fehlt an einem Investor, um so ein Projekt hochzuziehen. „Jetzt wäre aber der richtige Zeitpunkt dafür.“ Aus der Schublade holt sie einen Prototypen für neue Flipflops aus Wolle. Diese könnten maschinell gefertigt werden und sind durch eine flexible abnehmbare Schalensohle sogar fürs Draußen geeignet. Vielleicht klappt es mit einer Förderung, dann könnten mit der Woll-Flipflop-Produktion neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Ideen gegen ihr nicht aus: Aus altem Leinen entwickelt sie praktische Brotsackerln, aus der Wolle des Kärntner Brillenschafes fertigt sie Hutstumpen für die Grazer Hutmacherin Karin Krahl-Wichmann und für biegsame Holzschuhe und -clogs dazu passende weiche Oberteile. Alles Naturmaterialien aus unmittelbarer Nähe.

Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.at

Anfänge der Hausschuhe

Die ersten Patschen und Schlapfen, die im Haus getragen wurden, tauchten in der Antike auf. Damals waren sie aus grober Wolle gestrickt. Da man mit ihnen nicht ins Freie ging, mussten sie weder Regen noch spitze Steine aushalten. Sie waren leicht und weich. Später wurden die Hausschuhe aus Stoff oder Leder gefertigt. Ihre primäre Aufgabe bestand darin, das Zuhause sauber zu halten und Bodenbeläge zu schützen. Im Orient als Pantoffel sogar reich verziert. Zum Einsatz kamen Naturmaterialien, die es in der Nähe gab. So wurden in den Alpen Hausschuhe aus Wolle gefilzt. Jene mit einem Fersenteil werden Patschen genannt, die ohne Fersenteil Schlapfen, weil man in sie schnell hinein schlupfen kann. Bei der Potschntante wird dafür zuerst Maß genommen. Dann wird die Wolle um die Schablone herum gefilzt, geschwemmt, geschleudert, getrocknet und in Form gebracht. Was einfach aussieht, ist körperlich anstrengend. Alles wird per Hand gemacht, damit es die Füße im Sommer kühl und im Winter warm haben.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Wenn Eisfüße grüßen

Füße kühlen schnell aus. Vor allem im Winter. Um sich vor den Außentemperaturen zu schützen, konzentriert sich der Körper auf seine Mitte. Füßen und Händen wird durch eine Verengung der Gefäße die Wärme entzogen. Noch einmal gesteigert wird das Kältegefühl durch Nässe. Diese kann entweder durch Wasser wie Schnee und Regen entstehen oder durch Schweiß. Auch enge Socken oder Schuhe können die Durchblutung stören und so den Eiseffekt verstärken. Wer also unter kalten Füßen leidet, sollte auf eine gute Dämmung achten, Schweißfüße und enge Bekleidung vermeiden.

Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.at

Tipps für den Kauf von Patschen und Schlapfen

Beim Kauf von Patschen und Schlapfen steht die Bequemlichkeit im Vordergrund. Die Zehen sollten genug Platz haben und das Material sollte atmungsaktiv sein. Dicke Socken als Alternativen zu Hausschuhen helfen nur bedingt gegen die Kälte. Selbst wenn die Maschen noch fest sind, es dringt immer Luft durch. So richtig warm wird’s nicht. Es fehlt eine entsprechende Dämmung zwischen Boden und Körper. Wer seine Füße öfters in Kunstfasern hüllt, bekommt irgendwann Schweiß- und Stinkefüße. Vermeiden lässt sich das ganz einfach, indem wieder auf Naturmaterialien zurückgegriffen wird.

Patschen, Dagis Manufaktur, Potschntante, www.anitaaufreisen.at

Schon beim Hineinschlupfen ist der Unterschied deutlich zu spüren: In den Filzpatschen aus Wolle ist es angenehm warm, nichts drückt oder stupst, und das Gehen fühlt sich an wie Barfußlaufen auf Wattewolken. „Aber viele Menschen sind dieses Gefühl gar nicht mehr gewohnt“, weiß die Potschntante. Durch das ständige Tragen von Schuhen und Absätzen wird die Fußmuskulatur kaum mehr trainiert. Mit der Zeit bilden sich Bänder, Muskeln und Sehnen zurück. Dabei wusste schon Sebastian Kneipp, dass beim Barfußlaufen die Fußreflexzonen angeregt werden und das positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

Mit Patschen und Schlapfen aus Wolle kann das Barfußgehen langsam wieder geübt werden. Die Schafwolle hat nämlich auch einen sanften Massageeffekt und das Lanolin schmeichelt der Haut. Deshalb immer ohne Socken in die Wollpatschen schlüpfen!

Du möchtest mehr über geniale Kärntner Produzenten wissen? Dann stöbere doch mal hier. Oder folge der Potschntante zu ihrer Webseite.

 

Fotos: Anita Arneitz

Comments are closed.

Navigate